Mediation am Landgericht GöttingenVortrag Wolfgang Scheibel, Vorsitzender Richter am Landgericht und MediatorBeim Landgericht Göttingen werden jährlich ca. 2.000 Zivilverfahren eröffnet. Davon werden etwa 1.000 von den Prozeßbeteiligten zurückgezogen. Es bleiben also 1.000 Verfahren zur Entscheidung. Von diesen 1.000 Verfahren werden 650 Verfahren ausgesetzt und in der Mediation wird ein Ausgleich gesucht. In 9 von 10 Fällen, die in die Mediation gehen, wird ein Vergleich geschlossen. Mit diesen sensationellen Zahlen eröffnete Herr Scheibel seinen Vortrag über die Mediation. Die Mediation wird seit 2002 in Niedersachsen in einem Projekt durchgeführt. Doch was ist eine Mediation? Die Mediation ist ein freiwilliges und außergerichtliches Verfahren. Ein speziell ausgebildeter Mediator unterstüzt die Konfliktparteien in einer nichtöffentlichen Verhandlung dabei, gemeinsam eine einvernehmliche, selbstbestimmte Lösung zu entwickeln. Mit Hilfe einer besonderen Gesprächsführung werden auch die Interessen und Bedürfnisse beider Parteien betrachtet und der Lösungsfindung zugrundegelegt.
Voraussetzung für eine Mediation ist eine Klageerhebung. Mit der Bestätigung werden die Beteiligten vom Gericht auf die Möglichkeit einer Mediation hingewiesen. Wenn alle Beteiligten sich mit diesem Weg einverstanden erklären, ruht das Gerichtsverfahren.
Es wird kurzfristig ein Termin für die Mediation vorgeschlagen. Die Mediation wird in einer angenehmen Athmosphäre (Heißgetränke und Kekse) in einem Besprechungsraum und nicht in einem Gerichtssaal duchgeführt. Während der Mediation sind nur die Beteiligten und der Mediator anwesend. Bei Verfahren vor dem Landgericht ist die Begleitung und rechtliche Beratung durch einen Rechtsanwalt Voraussetzung. In der Regel dauert eine Mediationssitzung 2 - 3 Stunden. Bei Bedarf können mehere Termine vereinbart werden. Wenn auch nach 5 Sitzungen keine Einigung möglich war, ist die Mediation gescheitert. Die meisten Mediationen werden bereits in der ersten Sitzung mit einem Vergleich abgeschlossen. Dieser Vergleich kann sofort als richterlicher Vergleich protokolliert und als Vollstreckungstitel wirksam werden. Was ist nun der Unterschied zwischen der Mediation und einem gerichtlichen Vergleich. Im gerichtlichen Vergleich wird der Richter den Beteiligten seine Sicht der Rechtslage darlegen und die Beteiligten können sich danach die Folgen ausmalen und sehen sich in einer Zwangslage: entweder ein Vergleich oder die Entscheidung des Richters. In der Mediation versucht der Mediator die Möglichkeiten einer Konfliktlösung auszuloten. Der Mediator kennt zwar die Schriftsätze, wird jedoch seine Sicht der Rechtslage nicht darlegen. Er ist nur Vermittler. Durch eine geschickte Gesprächsführung werden Lösungen, die für beide Seiten akzeptabel sind, erarbeitet. In der Mediation kann es zu einvernehmlichen Lösungen auch nach jahrelangen Rechtsstreitigkeiten kommen, die für die Beteiligten eine Erlösung vom Rechtsstreß bedeuten: Wenn getrennt lebende Eheleute jahrelang um Unterhalt streiten, keine Zahlungen erfolgen, weil keine entsprechenden Mittel vorhanden sind, kann es zu einer einvernehmlichen Lösung führen, wenn die Forderung gesenkt wird, so daß ein Interessenausgleich möglich ist. Manchmal sind die Beteiligten schneller bei einer einvernehmlichen Lösung als ihren Rechtsanwälten recht ist. Die Unabhängigkeit der Mediatoren ist dadurch gewahrt, daß dieser nie zugleich auch als streitentscheidender Richter tätig wird.
Die Mediation ist seit 2002 in Niedersachsen an folgenden Projektgerichten möglich:
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